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Freitag, 26. April 2013

Eigentor?! 9

Kapitel 8: Besuch aus München und Kopf verdreht


An Ausschlafen war nach einer ruhigen Nacht, für unsere drei Freunde, aber auch am Donnerstag leider nicht zu denken. Da die Welt ja bekanntlich, besonders im friesischen, ein Dorf ist und das Grundstück der Familie Selders bereits ab 7:30 Uhr morgens von ersten Medienvertretern belagert wurde, was selbst Johannes‘ Vater nicht komplett verhindern konnte.

Journalisten konnten bekanntlich schon immer schlimmer als Zecken sein, wenn es darum geht, eine gute Titelstory für ihre Zeitungen zu bekommen.

Und die regionalen Vertreter der großen TV-Sender kennen da auch nur wenig bis gar keine Gnade. Wenn sie etwas wittern, dass sich für die Hauptnachrichtensendungen eignet, schicken sie ihre Kamerateams auch barfüßig an den Südpol – Pinguine kegeln.

*****

„Diese Pressedödel werden auch immer unverschämter. Da hatte doch gerade wirklich einer die Stirn zu behaupten, er wäre ein Cousin von dir Raphael – angeblich will er Markus Senner heißen“, wetterte Herr Selders ungehalten, weil er den Journalisten erst einmal 15 Minuten lang klarmachen durfte, dass die Jungs ihre Ruhe brauchen und sich erst um 13 Uhr in einer kleinen Pressekonferenz, ihren Fragen stellen, werden. Und dann kam da doch dieser 1,78 Meter große dunkelblonde, graublauäugige Typ, direkt auf ihn zu und versuchte ihn, mit seinem leicht bayerischen Dialekt, nach seinem ‚Cousin‘ Raphael auszufragen.

„Kurze, dunkelbraune Haare, graublaue Augen – zwanzig Jahre alt?“, kam es wie aus der Pistole geschossen von Raffi, der gerade einen großen Schluck von seiner Morgen-Latte mit viel Milch getrunken hatte.

„Ähm richtig – warum?“, fragte der Hausherr, obwohl er die Antwort bereits kannte. Denn Raphael hätte nicht nachgefragt, wenn er den jungen Mann nicht doch kennen würde.

„Weil ich wirklich einen Cousin habe, der Markus Senner heißt. Franz, ohne dir jetzt zu nahetreten zu wollen – aber hol ihn doch bitte herein.“ Raffi hatte seinen Cousin vor vier Jahren zum letzten Mal gesehen, der war damals B-Jugendspieler beim FCB, Spielführer der U-17 Nationalmannschaft und hatte bereits einen Vertrag mit der Münchener Bundesligamannschaft sicher.

„Krass – bist du echt mit dem Markus Senner verwandt?“ Malte war schon immer ein Fan vom FCB. Doch seit er als Zwölfjähriger mit seinem Vater einmal zu einem Spiel der U-17 Nationalmannschaft gefahren war und live miterlebte, wie Markus Senner gegen die englische Auswahl zwei Tore für seine Mannschaft erzielte, war der Münchener Jugendspieler sein Idol geworden. Deshalb fand der Rotschopf es auch besonders schade, dass der Münchener Fußballer, aus wie es offiziell hieß, gesundheitlichen Gründen, seine Profikarriere bereits beenden und den Verein verlassen musste, bevor sie begonnen hatte. „Ich hab eigentlich nie begriffen, warum der Markus damals nicht in die erste Mannschaft übernommen wurde“, sinnierte der Jugendliche, noch während sein ehemaliges Idol mit Johannes‘ Vater in die Küche trat und das große ‚Hallo‘ ausbrach.

„Mei – bist du groß geworden Raffi“, sprudelte es aus dem 1,78 Meter großen Verwaltungsfachangestellten heraus, der sich beim Landkreis Friesland um eine ausgeschriebene Stelle beworben hatte und gleichzeitig die Gelegenheit für einen Besuch bei seinen Verwandten nutzen wollte.

*****

„Jungs ihr habt wirklich Glück, dass euer Verein so hinter euch steht“, war das Erste, was er sagte, nachdem er sich eine Weile mit unseren drei Freunden unterhalten hatte und dadurch erfuhr, dass sein Cousin mit Johannes zusammen ist, ihr Kumpel Malte ebenfalls einen festen Freund hat und dass sie geoutet und akzeptiert sind. Markus‘ Stimme klang wehmütig, als er dies sagte. Er selbst hatte da nach seinem Zwangsouting weniger Glück gehabt. Die Sache lag jetzt zwar mittlerweile vier Jahre zurück, dennoch schmerzte ihn der Gedanke daran, dass er jetzt neben Schweini und Co für den FCB in Bundesliga und Champions League spielen könnte, immer noch. Deshalb versuchte er jetzt, wo er mir seiner Ausbildung fertig war, mit allen Mitteln aus München wegzukommen. Und da kam ihm dieses Jobangebot vom Landkreis Friesland doch sehr gelegen, zumal er hier wenigstens Verwandte hatte, die in ihm nicht das ‚schwarze Schaf der Familie‘ sahen.

„Offiziell hieß es, dass ich wegen ‚gesundheitlicher Probleme‘ nie wieder spielen kann. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus, ich bin körperlich völlig fit. 2008 tauchten während der Wiesn Bilder auf, die heimlich gemacht wurden, als wir mit der Mannschaft im P1 waren. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt auch einen festen Freund – naja wir sind zwischendurch zusammen aufs Klo …“ Johannes, Raphael und Malte glaubten wirklich sich verhört zu haben, als Markus ihnen verriet, warum sein Vorvertrag für die Bundesligamannschaft gelöst, er aus dem Verein ausgeschlossen wurde und wie dem Ausnahmetalent dadurch auch gleichzeitig die Türen zu den anderen Bundesligavereinen für immer verschlossen wurden.

„Ein paar verwackelte Handyfotos, das war alles?“, fragten unsere Freunde sichtlich schockiert.

„Ja – aber durch die war ich plötzlich zwangsgeoutet und auf dem einen Bild war leider genau zu erkennen, dass es keine Weißwurscht war, die ich gezuzelt hab.“ Markus erinnerte sich immer noch viel zu gut daran, als er Montagsmorgens zum Leiter des Sportinternats zitiert und was für Magenkrämpfe er hatte, als er dort vom Vereinspräsidenten, mit den für ihn verhängnisvollen Bildern konfrontiert wurde. „Das hatte keine zehn Minuten gedauert und mir wurde von Präsident Unsinn, wie er es nannte, ‚zu meinem eigenen Schutz‘ nahe gelegt, die Fußballstiefel an den Nagel zu hängen. Danach durfte ich unter Aufsicht meine Sachen packen und zu meinen Eltern heimkehren.“ Damit begann für den damals noch Sechzehnjährigen ein Spießrutenlauf, der damit endete, dass er lieber in eine betreute Wohngruppe zog, von dort aus seinen Schulabschluss machte und eben diese Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt München absolvierte.

Allerdings holte ihn die Vergangenheit dann kürzlich seine wieder ein, als er auf seinem Smartphone eine MMS erhielt, die ihn als Sechzehnjährigen beim Zuzeln auf dem Klo im P1 zeigte. Dabei hatte der Zwanzigjährige mit diesen Erinnerungen, an seine letzte Zeit als Jugendfußballer beim FCB, doch gerade richtig abgeschlossen und sein neues Leben verlief in geordneten Bahnen. Aber jetzt war dies alles wieder hochgekommen und er hielt es einfach nicht mehr aus und wollte der Stadt seiner peinlichsten Niederlage lieber heute als morgen endgültig den Rücken kehren. „Naja und dann hab ich mich an dich und deine Eltern erinnert, dann hab ich zufällig die Stellenausschreibung vom Landkreis Friesland im Internet gefunden, mich darauf beworben und jetzt bin ich hier.“

Auch wenn Markus sich mit den Umständen die zu seinem jetzigen Leben führten, engagiert hatte, so hörten Raffi, Jo und Malte es doch deutlich heraus, dass er lieber Profifußballer geworden wäre, anstatt Verwaltungsfachangestellter. Er wäre damals sogar mit einem Vereinswechsel einverstanden gewesen, bloß um weiter kicken und doch noch Profi werden zu können. Aber selbst dieser Weg war ihm ja durch das Vorschieben gesundheitlicher Gründe, durch das Münchener Präsidium versperrt worden.

„Da verpulvert der FCB jährlich Millionenbeträge für neue Spieler, aber für talentierte Nachwuchsspieler ist kein müder Cent mehr da, sobald sie geoutet sind. Und ich dachte immer, die Zeiten der Inquisition wären vorbei.“ Malte Gruber war so dermaßen enttäuscht von der Haltung seines jetzt ehemaligen Lieblingsvereins, dass er sofort sein Smartphone zückte und die FCB-App löschte. „Die sind ab sofort für mich gestorben – aber so was von!“

*****

Die Zeit verging buchstäblich wie im Flug und je länger sich unsere drei Freunde mit dem baldigen Exilbayern unterhielten, umso besser verstanden sie sich mit den Zwanzigjährigen.

„Och nö – jetzt ist es schon fast 13 Uhr“, stellte Johannes nach einem kurzen genervten Blick auf das Tacho fest. Jetzt würden sie sich also gleich der hungrigen Meute stellen müssen und wussten eigentlich so gar nicht, was sie denen erzählen sollten.

„Am besten werfen wir denen einfach ein paar Bröckchen hin, die machen ja eh daraus, was ihnen gerade einfällt“, schlug Malte vor, der plötzlich eine Idee hatte, wie sich der Auftrieb vor dem Haus ganz schnell auflösen lässt.

„Die Idee ist gar nicht so dumm Malte – und bei der Gelegenheit könnten wir die Aufmerksamkeit ja dann auch noch auf ein anderes Thema lenken“, sinnierte Raphael und schaute seinem Cousin dabei besonders tief in die Augen. „Du hast doch noch eine Rechnung offen und dies wäre jetzt die einmalige Chance, sie zu begleichen.“
Ein Lächeln huschte über Markus‘ Gesicht, denn in der Tat sah er hier die Chance seinem alten Verein endlich die Zähne zeigen zu können und vielleicht ergab sich daraus ja sogar eine neue Chance, doch noch Profifußballer zu werden. Obwohl es durch seine Homosexualität bestimmt nicht leicht, wenn sogar unmöglich werden würde, einen geeigneten Verein zu finden.

„Dann mal auf in die Schlacht!“, blies der dunkelblonde Bayer zum ‚Sturm‘.

*****

„Moin, moin, also um es kurz zu machen, wir sind schwul – und das ist auch gut so!“, haute Malte lachend zur Begrüßung raus. Obwohl er genau wusste, dass dies jetzt genau das war, was die Medienvertreter am allerwenigsten hören wollten. „Somit haben Sie auch gleich den wahrscheinlich einzig logischen Grund dafür, dass wir in den vergangenen Wochen zu Opfern eines Shitstorms wurden, der sogar in einer Morddrohung gipfelte. Aber wie Sie ja sehen können, leben wir noch und erfreuen uns dank dem besonnenen Zugriff der Polizei, bester Gesundheit“, schnatterte Malte munter weiter, obwohl noch nicht eine einzige Frage gestellt worden war. Über die Entschlossenheit, mit welcher ihr Freund und Teamkamerad hier zum direkten Angriff übergegangen war, konnten Jo, Raffi und dessen Cousin Markus nur staunen.

„Alle weiteren Fragen zu dieser Angelegenheit werden Ihnen Staatsanwaltschaft und Polizei zu gegebener Zeit gerne beantworten. Wir werden hierzu vorerst garantiert nichts weiter sagen“, schloss sich Johannes den Ausführungen ihres rothaarigen Mannschaftskapitäns an. Woraufhin alle vier auf dem Absatz kehrt machten und so taten, als wollten sie ins Haus zurückkehren. Soviel Kaltschnäuzigkeit hatten selbst die erfahrensten unter den journalistischen Vertretern noch nicht erlebt. Dafür sollten sie sich den ganzen Vormittag über die Beine in den Bauch gestanden haben? Bloß um dann zu erleben, wie sich drei halbstarke Jugendfußballer vor ihnen als homosexuell outeten? Entsprechend groß wurde jetzt auch das Gemurmel, welches allenthalben ausbrach und einem wild gewordenen Schwarm Wespen im Hochsommer glich.

Unsere Freunde grinsten selbstzufrieden in sich hinein. Sie hatten es innerhalb kürzester Zeit geschafft, die Meute noch hungriger zu machen.

„Erinnert sich irgendwer von Ihnen zufällig noch an den ehemaligen FCB und U-17 Juniorennationalspieler Markus Senner?“, fragte Raphael, wobei man glauben konnte, beobachten zu können, wie sich die Ohren der Medienvertreter schlagartig wieder aufstellten. „Wenn Sie wissen möchten, warum ein kerngesunder U-17-B-Junior des FCB wegen gesundheitlicher Probleme aus dem Verein geworfen wurde, dann lesen Sie einmal in Ihren Archiven nach und kommen morgen zu unserer Weihnachtsfeier in den Schützenhof. Dort wird Ihnen mein Cousin dann gerne alles erzählen, was Sie wissen möchten.“ Mit dieser journalistischen ‚Hausaufgabe‘, verabschiedeten sich unsere Freunde und gingen an die Straße, wo Markus seinen VW-Golf abgestellt hatte, sie stiegen ungehindert ein und fuhren kurze Zeit später zu Laurin.

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„Oh man – die dummen Gesichter von denen hätte ich wirklich zu gerne gesehen“, sonderte Laurin, sich vor Lachen kringelnd, ab, als seine Freunde ihm in den glühendsten Farben berichteten, was bei Johannes vorm Haus für ein Auftrieb war. Die natürliche Fröhlichkeit den kleinen Halbasiaten wirkte auch auf Markus ansteckend. Und überhaupt hatte er schon lange nicht mehr so viel zu Lachen gehabt, wie heute mit seinem Cousin und dessen Freunden.

„Bist du eigentlich auch morgen auf dieser Weihnachtsfeier?“, fragte Markus, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. Dafür machte sich ein anderes Gefühl in ihm breit, je öfter er dem Halbasiaten in die Augen schaute, umso mehr begann es bei ihm in der Magengegend zu kribbeln. So etwas hatte der Zwanzigjährige nicht mehr erlebt, seit Mario und er sich voneinander getrennt hatten, damit der nicht auch noch aus seinem Verein geworfen wurde.

„Also, geplant is‘ das ja auf jeden Fall. Ich weiß nur noch nicht genau, wie ich da hinkommen soll“, antwortete Laurin kichernd. Er musste sich ja immer noch schonen und alleine wollte er keinesfalls mit den doofen AOK Shopper zum Schützenhof rausfahren, was außerdem viel zu anstrengend wäre.

„Na ich kann dich ja abholen und hinterher hier wieder abliefern“, bot der Münchener sofort an. „Und Malte – nehm ich selbstverständlich auch mit“, schob er schnell nach, damit niemand auf die Idee kommen konnte, dass er sich in den niedlichen Halbasiaten verguckt hatte. Johannes und Raphael hatten allerdings mittlerweile so etwas wie ein schwules Gespür entwickelt. Deshalb suchte Raffi händeringend nach einem Vorwand, um eine Weile ungestört mit seinem Cousin reden zu können. Die Steilvorlage dazu gab ihm Malte dem plötzlich einfiel, dass sie ja noch gar keine Getränke und Knabberzeug für ihren Harry Potter Abend besorgt hatten.

„Das können wir beiden doch eigentlich schnell erledigen oder Markus?“

„Klar, kein Problem“, antwortete der Zwanzigjährige und kurze Zeit später waren sie auch schon unterwegs.

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„Du sag mal Laurin, wie ist das jetzt eigentlich mit Aaron und dir. Er ist ja in letzter Zeit viel bei dir, läuft da was zwischen euch?“, fragte Johannes gerade heraus. Die Ohren des Gefragten gewannen nach dieser Frage deutlich an Farbe, bevor er antwortete:

„Also – so richtig fest zusammen sind wir nicht aber …“, nuschelte der Halbasiate vor sich hin.

„Aber?“, hakte der Grünäugige nach.

„Na ja – wir haben ein paar Mal miteinander rumgemacht“, gestand er kaum hörbar. „Warum fragst du danach?“, setzte er lauter hinterher.

„Wie es aussieht, hat Raffis Cousin Markus ein Auge auf dich geworfen“, meldete sich jetzt auch Malte zu Wort, dem das Verhalten seines sportlichen Idols ebenfalls nicht entgangen war.

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„Laurin ist niedlich, gelle?“, eröffnete Raphael seinerseits das Gespräch, kaum dass sie losgefahren waren, woraufhin nicht nur die Ohren seines Cousins bedrohlich rot anliefen.

„Aber so was von, dem würde ich glatt die Sterne vom Himmel holen“, gestand Markus verschämt grinsend, nachdem er sich kurz gesammelt hatte.“

„Das hat man gemerkt, du hast ihn ja mit deinen Augen fast ausgezogen, obwohl da ja eh nicht viel war. Aber es gibt da etwas, dass du über unseren Freund wissen solltest. Wir wissen es zwar noch nicht sicher, aber es spricht einiges dafür, dass er vergeben ist.“ Markus musste schwer schlucken als Raffi dies sagte, denn es war leider nicht das erste Mal, dass der Münchener so etwas erlebte.

„Aber niedlich finde ich ihn trotzdem, er wäre genau der Richtige für mich.“

„Das kann dir auch keiner verbieten. Ich wollte nur nicht, dass du dir eventuell falsche Hoffnungen machst.“

„Sagen werde ichs ihm trotzdem. Laurin soll ruhig wissen, welche Wirkung er auf mich hat.“

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„Is‘ ja krass und dabei kennt er mich doch noch gar nicht“, reagierte Laurin kichernd, bevor es an die Zimmertür klopfte und Aaron kurz darauf Gefallen an ihm fand und Markus war zudem ein echter Hingucker. Und wenn er ganz tief in sich reinhörte, dann konnte er sogar hören, wie sein Herz ganz leise den Namen des jungen Mannes rufen hörte.

„Du Laurin – können wir uns bitte mal kurz unter vier Augen unterhalten?“, fragte der Gymnasiast mit einem dicken Kloß im Hals, nachdem er seine drei Freunde begrüßt hatte. Es war ihm heute in der Schule nämlich genau das passiert, wovor er in der letzten Zeit die meiste Angst gehabt hatte. Merle Buss die Klassensprecherin aus der 11c hatte ihn in der großen Pause angesprochen. Es hatte gewaltig zwischen ihnen gefunkt und kurz darauf lagen sie sich bereits knutschend in den Armen. Jetzt hatte er natürlich ein sagenhaft schlechtes Gewissen deswegen, weil er gestern und heute früh vorm Aufstehen noch mit Laurin rumgeleckt hatte.

„Kannst du mir noch mal zeigen, wo hier das Klo ist – Jo? Du kennst dich hier doch schon etwas besser aus als ich.“ Der Angesprochene verstand diesen überdeutlichen Wink mit dem Zaunpfahl natürlich und kurz darauf verließen sie den Raum.

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„Du Laurin – ich – ich – ach Scheiße – ich hab in der Schule Mist gebaut“, stammelte Aaron heulend, kaum dass sie ein paar Minuten alleine waren und er neben seinem Freund auf der Bettkante Platz genommen hatte. Der Angesprochene sah den Sechzehnjährigen aus großen Augen an und strich ihm mit der Hand sanft über die Wange.

„Hey mein Großer“, sagte er leise zu ihm, „was ist denn so Schlimmes passiert? Das wird schon alles wieder – glaubs mir.“

„Nein – wird es nicht, das wirst du mir nie verzeihen“, jammerte der blauäugige Teenager weiter und schloss die Augen, bevor er weitersprach. „Ich – ich – ich hab in der großen Pause mit der Merle aus der 11c rumgeknutscht und jetzt sind wir zuhusammen“, stammelte er leise vor sich hin. Laurin hatte nach diesem Geständnis erst einmal zu schlucken, doch dann besann er sich auf ihre Absprache. Er holte einmal tief Luft und dann antwortete er ihm:

„Hey is‘ doch alles okay. Du hattest mir doch gleich gesagt, dass du nicht sicher weißt, ob du dich nicht irgendwann wieder in ein Mädchen verliebst. Na und die Merle ist eine tolle Frau. Und wenn ihr euch lieb habt, dann ist das völlig in Ordnung. Das Wichtigste ist doch, dass wir Freunde bleiben.“ Es fiel dem Halbasiaten einerseits nicht leicht, dies zu sagen. Aber andererseits, freute er sich auch für seinen langjährigen Freund und so konnte er wenigstens, ohne ein schlechtes Gewissen dabei haben zu müssen, sehen, wie sich die Sache mit Raphaels Cousin weiterentwickelt, in den er sich auf den ersten Blick verguckt hatte.

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„Was meinst du, ob sich unser Gastgeber über etwas Süßes freuen würde?“, fragte Markus als sein Cousin und er ihren Einkaufswagen im famila Einkaufscenter an einem Regal mit Schokoladenspezialitäten, mit einer lila Kuh drauf, vorbeischoben.

„Mit Nugat kannst du ihn ködern, er wächst allerdings nicht mehr, haben wir schon alles probiert“, scherzte Raphael schmunzelnd. So kannte er seinen Cousin aus Bayern, wenn er sich früher, als sie noch jünger waren, etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es auch durch. Wenn jemand zu ihm sagte, „geh nicht durch diese Tür“, dann ging Markus garantiert hindurch. Einfach weil er wissen wollte, was dann wohl passiert. Aber das war Schnee von vorgestern, Markus‘ Selbstbewusstsein hatte nach dem Rauswurf aus dem FCB einen ordentlichen Knacks abbekommen und es hatte lange gedauert, bis er sich von diesem Trauma wieder erholt hatte.

„Nicht? Hmm, eigentlich schade – aber ich mag ihn genauso, wie er ist und deshalb gibt’s was Süßes – für den Süßen!“, bestimmte der Zwanzigjährige schmunzelnd, griff eine Box von den Pralinees mit Nugatfüllung in Herzform und legte diese zu den Getränken und den üblichen Knabbereien in den Wagen. Markus fühlte sich einfach nur glücklich, so sehr hatte ihm dieser junge Mann, den er gerade erst kennengelernt hatte, bereits den Kopf verdreht. Endlich hatte er mal wieder jemand getroffen, mit dem er sich auch eine gemeinsame Zukunft vorstellen konnte. Alleine das war es Wert hier oben im Norden zu bleiben und Arbeit würde er schon finden, selbst wenn es beim Landkreis Friesland wider Erwarten doch nichts wird.

Aber soweit wollte Markus Senner erst gar nicht denken, denn das Gespräch mit der Personalchefin war recht positiv verlaufen und sie hatte ihm sogar schon eine Reihe von Telefonnummern guter Vermieter mitgegeben, weil er ja noch ortsfremd sei. Sein bisheriger Chef in der Behörde hatte zwar gesagt, dass er ihn nur schweren Herzens ziehen lassen, ihm aber keine Steine in den Weg legen würde, falls es mit der Anstellung in ‚Ostfriesland‘ klappen sollte und ihm viel Glück gewünscht.

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„Dürfen wir wieder reinkommen?“, fragten Malte und Johannes leise, als sie ihre Köpfe zur Zimmertür rein streckten.

„Klar – kommt ruhig rein, oder wollt ihr euch nachher beim Filmegucken unbedingt eure Hälse verrenken“, scherzten Aaron und Laurin grinsend.

„Ich muss eh jetzt wieder los – meine neue Freundin wartet nämlich auf mich“, verkündete der blauäugige Blondschopf erleichtert, gab Laurin zum Abschied noch einen Schmatz auf die Wange, bevor er sich auch von Malte und Jo verabschiedete, die den Rest des Gespräches der beiden besten Freunde vom Flur aus mitbekommen hatten. Nein – schwule Jungs sind nicht neugierig, sie wollen halt nur alles wissen.

„So spielt das Leben Männers, aber andere Mütter haben auch hübsche Söhne“, stellte Laurin schmunzelnd fest und legte sich tief entspannt zurück.

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Mitten im Einkaufszentrum brach urplötzlich ein Jubelsturm los, als hätte der FSV mit 10:0 gegen den FCB gewonnen und Markus hätte sämtliche Tore geschossen.

„YES, ich hab den Job. Am 02. Januar fange ich an!“, freute sich der Zwanzigjährige, packte sein Smartphone wieder ein, umarmte seinen Cousin und führte mit ihm einen wilden Kriegstanz auf, während zwei alte Damen vor lauter Schreck ein Rollatorwettrennen veranstalteten. Naja gut – Wettrennen ist jetzt maßlos übertrieben, aber sie versuchten den offensichtlich verrückt gewordenen jungen Männern, so schnell wie nur irgendwie möglich Richtung Kassenbereich zu entkommen.

„Keine Angst meine Damen, die sind nich‘ verrückt – die wollen nur spielen“, scherzte Kassiererin Rita Kruse schmunzelnd, als die Rentnerinnen, atemlos pfeifend, ihr vorläufiges Ziel erreichten.

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In München liefen in der Geschäftsstelle des FCB derweil die Telefonleitungen heiß. Es gab nämlich Unstimmigkeiten bezüglich des überraschenden Abgangs des Juniorenspielers Markus Senner in den Archiven.

Während der Presse damals offiziell mitgeteilt wurde, dass der Spieler Anfang Oktober 2008 mit schweren gesundheitlichen Problemen aus dem Verein ausgeschieden sei, konnte man dagegen im vereinseigenen Archiv auf der Homepage nachlesen, der Sechzehnjährige Juniorennationalspieler habe den Verein, auf eigenen Wunsch, in unbekannte Richtung verlassen.

„Seitens der Geschäftsleitung ist derzeit leider keine Stellungnahme möglich. Vereinspräsident Unsinn befindet bereits im Weihnachtsurlaub mit seiner Familie und ist erst ab dem 02. Januar wieder verfügbar.“ Mehr war in dem Fall Markus Senner von der Geschäftsleitung nicht rauszubekommen.

Die Zeitung mit den vier großen Buchstaben sah darin deutlich einen Versuch Zeit zu gewinnen und fragte bereits nachmittags in ihrer Onlineausgabe: ‚Was war der wirkliche Grund für den Rauswurf des Fußballtalents Markus Senner?‘

„Der Markus war als Sechzehnjähriger schon ein besserer Spieler als ich“, erinnerte sich der Münchener Profi Bastian Schweinsteiger in einem kurzen Interview mit unserer Zeitung bereitwillig, als wir ihn zufällig auf dem Parkplatz der Geschäftsstelle antrafen, bevor er in den Urlaub fuhr.

Er hatte den talentierten U-17 Juniorennationalspieler mehrfach im Training, mit der Mannschaft, des derzeitigen Herbstmeisters erlebt. „Der war so gesund, wie Sie und ich. Wer was anderes behauptet, der redet Unsinn ...“

*****

„Wo wohnst du eigentlich im Moment?“

„Hier ganz in der Nähe, im Haus Pellmühle, warum?“

„Frag Mutti und Vati doch einfach, ob du übergangsweise, bis du hier deine eigene Wohnung hast, das Gästezimmer haben kannst. Das ist doch billiger, und wenn die ihnen ein bisschen Verpflegungsgeld gibst, sagen die bestimmt nicht Nein“, schlug Raphael seinem Cousin vor, nachdem sie ihre Einkäufe im Auto verstaut hatten.

„Mei, des wär scho pfundig, wenn des klappen tät“, fiel Markus kurz in seinen Dialekt, weil ihm der Gedanke vorläufig bei Onkel und Tante zu wohnen doch recht gut gefiel. Gerade auch deshalb, weil er Weihnachten und Silvester nicht wieder allein verbringen wollte wie in den letzten beiden Jahren. Okay im vergangenen Jahr war er für ein paar Tage nach Söll in den Snowboardurlaub gefahren, aber endlich mal wieder Weihnachten in der Familie oder mit einem Teil davon zu verbringen, wäre schon etwas Besonderes.

„Oder noch besser, ich regele das schnell“, brabbelte Raffi munter weiter und griff nach seinem Smartphone. „Hallo Mutti ich bins. Du sag mal, der Markus ist ja momentan hier oben. Ja genau, er hat den Job bekommen. Ich soll dir von Ma gratulieren, Markus.“

„Danke sehr“, freute er sich.

„Du aber sag mal Mutti, kann der Markus nicht einfach solange, bis er eine eigene Wohnung hat, in Torstens altem Zimmer wohnen? Das ist dann doch auch billiger für ihn und er gibt euch auch Verpflegungsgeld dazu. Was sagst du? Mutti sagt, du sollst dein Geld lieber für sich behalten und selbstverständlich darfst du solange bei uns wohnen.“

Markus war zunächst sprachlos über dieses Angebot, dann wollte er aber unbedingt selbst noch kurz mit seiner Tante sprechen.

„Das ist wirklich lieb von euch, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Aber ich möchte euch dann wenigstens einmal zum Essen einladen“, sagte der junge Mann mit Freudentränen in den Augen. „Gut, dann ist das abgemacht, ich packe nur schnell meine Sachen im Hotel, bezahle die Rechnung und dann kommen Raffi und ich kurz rüber. Danke noch mal für alles, ich hab euch lieb.“

*****

Besser hätte der Neustart für Markus Senner nicht beginnen können. Nicht nur, dass er den Job beim Landkreis bekommen hatte, sondern er darf, bis er eine Wohnung für sich gefunden hat, bei seinen Verwandten wohnen und Weihnachten mit ihnen verbringen. Wenn es jetzt noch gelänge, seinem ehemaligen Fußballverein erfolgreich einen einzuschenken und er den süßen Laurin Peters bekäme, würde dies sein Glück komplettieren.

Doch bevor sich sein Liebesglück entscheiden sollte, erwartete den Ex-Münchener eine andere Überraschung, die ‚Hausaufgabe‘, welche Raffi den Journalisten mitgegeben hatte trug bereits erste Früchte, wie Internet und Fernsehen deutlich bewiesen.

„Guckt mal, wer morgen auf der Titelseite der Blödzeitung zu sehen sein wird. Der Schweini hat dich offensichtlich noch in guter Erinnerung“, verkündete Laurin grinsend und zeigte Markus und Raphael den Artikel auf seinem Laptop.

„Kein Wunder, er hat im Training jeden Zweikampf gegen mich verloren“, schwelgte der 1,78 Meter große ehemalige Mittelstürmer in Erinnerungen, während er den kurzen Bericht las.

„Ich wette, dem Unsinn geht der Arsch gerade auf Grundeis“, tippte Raphael grinsend, bevor er und Johannes kurz anderweitig beschäftigt waren, weil sich ihre Zungen miteinander verknoteten. Markus wollte Laurin gerade einen Kuss auf die Wange geben, als er davon abgehalten wurde, weil ausgerechnet in diesem Augenblick sein Handy klingelte und eine ihm aus alten Zeiten vertraute Münchener Nummer im Smartphonedisplay erschien.



„Wenn man von Teufel spricht“, stellte er trocken fest und gab unseren Freunden ein Zeichen leise zu sein, bevor er das Gespräch annahm und auf Lautsprecher stellte:

„Senner, grüß Gott?“

„Grüß Gott Herr Senner, Unsinn hier. I wollt mi mol erkundigen wieas Iahna so geht.“

„Guat geht’s. Aber woars des? I hob nämlich groad wos Wichtigeres zum tuan“, antwortete er grinsend und trennte die Leitung. „Wetten der ruft gleich wieder an?“ Markus hatte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, als sein Smartphone erneut Alarm schlug.

„Unsinn noch mol. Mir san groad getrennt worn.“

„Ja, ich weiß, das war auch so beabsichtigt, weil ich nicht wüsste, was wir noch zu besprechen hätten.“ Wieder trennte er die Verbindung, doch diesmal drückte er dem ungläubig dreinschauenden Laurin erst noch einen Kuss auf die Lippen und flüstere ihm ein schnelles: „Ich mag dich Süßer“ ins Ohr, bevor sein Handy zum dritten mal klingelte.

„HERR UNSINN! Wollen Sie mich jetzt stalken, oder was?“, bellte der Zwanzigjährige in die Leitung, noch bevor sein Gesprächspartner einen Ton gesagt hatte.

„Mei, jetzt seins doch vernünftig Senner – des woar doch alles bloß a blödes Missverständnis damols“, versuchte sich der FCB-Präsident rauszuwinden.

„Ja natürlich war es das. Ich war ja auch nur Juniorennationalspieler und der beste U-17 Spieler im Bayerndress. Leider hatte ich damals nicht den Mut, an die Öffentlichkeit zu gehen, als sie mich eiskalt geschasst haben, bloß weil ich schwul bin.“

„Jo mei, darüber hätt mer doch reden kenna.“ Unsinns Stimme war deutlich anzuhören, dass ihm der Schweiß auf der Stirn stand. Doch diesmal wollte Markus sich nicht wieder klein machen lassen, den Fehler hatte er einmal gemacht, weil er einfach zu geschockt war über die Bilder aus dem P1.

„Reden? Sie waren es doch, der mich vor mehr als vier Jahren abgefertigt hat wie schmutzige Wäsche. Und Sie waren es auch, dem ich es zu verdanken habe, dass ich kein Profifußballer geworden bin.“ Unsere vier Freunde grinsten sich einen Wolf, während Markus den Präsidenten des großen FCB wie einen dummen Schuljungen abfertigte. Der Zwanzigjährige hatte deutlich Oberwasser und dies ließ er seinen Gesprächspartner auch deutlich spüren, als er langsam einlenkte: „So Herr Unsinn, nachdem sie jetzt am eigenen Leib erfahren haben, was Sie mir damals angetan haben, mache ich Ihnen ein Angebot, wie wir die Sache gemeinsam aus der Welt schaffen können.“ An dieser Stelle unterbrach er kurz, zog Laurins Kopf zu sich heran und gab ihm einen kurzen Zungenkuss. „Ich hab dich lieb Süßer“, flüsterte er ihm diesmal noch schnell ins Ohr, bevor er durch den Bayernpräsidenten ins Gespräch zurückgeholt wurde.

„Und wos verlangens?“, fragte er kleinlaut.

„Sie werden sich morgen Abend, im ‚Schützenhof‘ Jever, das ist oben in Niedersachsen, öffentlich vor Pressevertretern bei mir entschuldigen. Außerdem werden Sie dort ein für alle Mal klarstellen, dass ich nicht krank war und den Verein auch nicht freiwillig verlassen habe. Und weil Sie ja so ein großes Herz haben, werden Sie 250.000 Euro Abfindung an mich bezahlen. Einen Scheck über 125.000 Euro bringen Sie morgen mit und den Rest dürfen Sie mir im Januar auf mein Girokonto überweisen. Wenn Sie damit einverstanden sind, ist die Sache aus der Welt geschafft. Wenn nicht, geht der Medienrummel weiter und alle Welt erfährt, dass der große FCB einem Jugendspieler seine sportliche Karriere versaut hat, bloß weil er schwul ist. Sind wir uns einig?“

*****

„500.000 Euro, man muss der verzweifelt sein, dass er den Betrag sogar noch freiwillig verdoppelt hat“, brabbelte Laurin munter drauf los, während er sich in Markus‘ graugrünen Augen verlor. Doch der grinste nur megabreit vor sich hin und schien irgendwie mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein.

„Du Laurin? Ich hoffe – ich war nicht zu forsch, mit dem was ich dir vorhin gesagt hab“, stammelte der frisch verliebte nervös vor sich hin. Je länger er Laurin ansah, umso besser gefiel ihm dieser junge Mann. Die Schmetterlinge in seinem Bauch vermehrten sich fast schon in Schallgeschwindigkeit und sein Herz versuchte auch einen neuen Weltrekord aufzustellen.

„Öhm sag mal Markus – hast du nicht irgendwas vergessen“, versuchte Raffi seinen Cousin ein wenig abzulenken.

„Ach stimmt ja – gibst du mir mal bitte eben die Tasche rüber?“, fragte der Zwanzigjährige seinen Cousin, bevor es an die Zimmertür klopfte und Ergün Özil den Raum betrat.

„Überrasch…!“ Weiter kam er nicht, weil er dann schon die Zunge seines Freundes Malte im Mund stecken hatte, der ihm sofort an den Hals gesprungen war.

„Na dann sind wir ja endlich mal wieder komplett“, stellten Jo und Raffi schmunzelnd fest, während Markus die gewünschte Tasche entgegen nahm und sie dem Halbasiaten auf die Bettdecke legte.

„Was Süßes, für den Süßen“, kommentierte er lächelnd als Laurin mit großen Augen die Schokoladenpackung auspackte.

„Hmm. Lecker. Nugatschoki, die mag ich am liebsten. Aber woher …?“

„Na ja, den Tipp hab ich von Raffi bekommen, ich wollte dir unbedingt was mitbringen und für Ringe fand ich es dann doch etwas zu früh!“

„Aber nur unwesentlich“, entgegnete der Halbasiate kichernd, wodurch alle bis auf Ergün zu Lachen anfingen.

„Hm – irgendwie kommt es mir gerade so vor, als ob ich etwas verpasst hätte.“

„Wie dieser süße Kerl hier neben mir schon so treffend sagte, nur unwesentlich. Moin ich bin der Markus Senner und komm ab jetzt öfters“, stellte er sich dem Halbtürken jetzt breit grinsend vor, der sich seinerseits mit ihm bekannt machte.

*****

„Ach ich muss ja unbedingt noch was erledigen, bevor wir die DVD-Session starten“, stellte Laurin eine halbe Stunde später, in der sich alle auf den neusten Stand gebracht hatten, kichernd fest. Er langte neben sich auf das Nachtschränkchen, auf dem ein Glöckchen stand, welches er nahm und zweimal kurz damit läutete, woraufhin kurze Zeit später, Laurins Eltern ins Zimmer traten. „Ma, Dad dieser nette junge Mann neben mir ist mein Freund Markus, und bevor ihr etwas sagt, er ist etwas mehr als vier Jahre älter als ich. Also ist das genauso viel, wie ihr altersmäßig auseinander seid. Nur damit ihr wisst, warum er ab heute öfters hier sein wird.“

„Na dann ist ja gut“, stellten Herr und Frau Peters schmunzelnd fest, bevor sie sich kurz mit dem jungen Mann bekannt machten und dann wieder ins Wohnzimmer verschwanden. Sie kannten ihren jüngsten Sohn, nicht umsonst hatten sie ihn, wie auch seine beiden älteren Brüder, schon früh zur Selbstständigkeit erzogen. Deshalb hatte sie ihm auch bisher nie in die Wahl seiner Freunde hineingeredet und waren bisher immer gut damit gefahren. Und wenn dieser Markus ab sofort öfters bei ihm ist, dann wird sich automatisch irgendwann eine Gelegenheit ergeben den jungen Mann, in den ihr Laurin sich verliebt hatte, genauer kennenzulernen. Der erste Eindruck, den er bei ihnen hinterließ, war auf jeden Fall ein sehr positiver.

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Irgendwie fühlte Laurin sich gerade wie in einem Traum, einem ‚rosa Zuckerwattetraum‘. Er lag hier mit diesem unfassbar tollen jungen Mann auf dem Bett und sie kuschelten und knutschten miteinander rum, als würden sie sich schon seit Ewigkeiten kennen. Wie lange hatte er vorher regelrecht darum kämpfen müssen, bis es zwischen Aaron und ihm zu etwas mehr gekommen war. Und dann tauchte wie aus dem Nichts Markus Senner im Gefolge von Jo, Raffi und Malte auf. Sie hatten sich nur ganz kurz direkt in die Augen gesehen und Amor konnte zwei Volltreffer in ihre Herzen verbuchen.

„Du bist richtig süß, ich könnte noch stundenlang hier so mit dir rumliegen, dich einfach nur ansehen, deine Nähe fühlen und dich abschlecken, wie ein Stieleis“, flüsterte Laurin Markus kichernd ins Ohr und seine dunkelbraunen Augen funkelten grün-golden dabei, was sie übrigens immer dann taten, wenn der Halbasiate sich besonders glücklich fühlte.

„Du bist auch total megasüß, aber irgendwann wirst du mich heute leider doch loslassen müssen – ich kann ja schlecht gleich in der ersten Nacht bei dir bleiben, was sollen deine Eltern sonst von mir denken“, flüsterte Markus, mit einem leisen Seufzer zurück. Denn eigentlich würde er schon ganz gerne mit Laurin im Arm aufwachen wollen.

„Ich glaubs ja nicht – habt Ihr etwa vergessen dem Markus zu sagen, dass heute bei mir übernachtet wird?“

„Uuups – ach übrigens Markus, wir übernachten heute alle beim Laurin!“, haute dessen Cousin Raphael schmunzelnd raus.

„Danke, dass ich das auch schon erfahre, Cousin“, kam es postwendend, mit einem Grinsen zurück.

„Oh bitte sehr Cousin – dafür nicht – immer wieder gerne!“, legte der sechzehnjährige Blondschopf noch nach und wandte sich dann wieder wichtigeren Dingen zu. Denn Johannes‘ und seine Lippen hatten jetzt seit mindestens zehn Minuten keinen Kontakt mehr miteinander gehabt.

„Raffi hats heute anscheinend mal wieder stärker wa?“, haute Ergün noch schmunzelnd heraus, bevor der Zungenringkampf zwischen ihm und Malte in die nächste Runde ging.

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Wohlige Müdigkeit breitete sich langsam in Markus‘ Körper aus, während der erste Teil, von ‚Harry Potter und die Heiligtümer des Todes‘, in seine spannendste Phase trat. Es fiel ihm immer schwerer seine Augen offen zu halten und sich auf das Geschehen, auf dem großen 16:9 Flachbildfernseher zu konzentrieren. Und kurz vor Schluss als Lord Voldemort, den Elderstab in Händen hielt, fielen sie im endgültig zu und der Zwanzigjährige sank in einen tiefen Schlaf hinüber, aus dem er erst mitten in der Nacht wieder erwachte.

„Hui, hab ich dich etwa geweckt?“, fragte der Halbasiate leise vor sich hin kichernd.

„Hm? Nein, das war nicht deine Schuld“, antwortete Markus leise.

„Du brauchst nich‘ zu flüstern, wir sind alleine“, entgegnete der Halbasiate kichernd, dann beugte er sich vorsichtig zu dem jungen Bayern herüber schaute ihm verliebt in die Augen und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Wieso sind wir alleine und wieso bist du wach, wie spät ist es überhaupt?“

„Also alleine sind wir – weil Malte, Ergün, Raffi und Jo heute Nacht unbedingt noch das machen wollten, was verliebte Paare halt so tun und uns nicht damit stören wollten. Wach bin ich, weil ich gerade noch mal dringend für kleine Laurins musste und es ist 2:30 Uhr“, beantwortete er die Fragen und ließ kurz darauf seine Zunge in Markus‘ Mundraum eindringen, woraus sich eine kleine, heiße Knutscherei entwickelte, die bei beiden nicht ohne Folgen blieb.

„Uuups – ich glaub jetzt muss ich mal aufs Klo“, sagte Markus‘ mit tiefroten Ohren.

„Hi, hi, süüüüß. Also ausm Zimmer raus und dann die zweite Tür links, die erste ist unser Gästezimmer“, erklärte Laurin kichernd und schaltete seine Nachtischleuchte ein.

„Öhm wieso bin ich eigentlich nackig?“, lautete die Frage des jungen Mannes, als er die Bettdecke beiseite schlug und bemerkte, dass er nicht mal mehr seine Boxershorts trug.

„Naja, ich wollte halt nicht die Katze im Sack kaufen!“, begann Laurin kichernd, „Ne kleiner Scherz. Hi, hi. Du hast vorhin so fest geschlafen und naja ich wollte nicht, dass du mit deinen Anziehsachen im Bett liegst“, brabbelte der Halbasiate munter weiter. „Du brauchst dir jetzt nix extra anziehen, meine Eltern haben ihr Schlafzimmer unten“, haute der Kleine munter raus, als der Zwanzigjährige sich seine Undies greifen wollte.

„Was solls, du hast mich ja eh schon so gesehen“, gab sich der junge Mann geschlagen und ging schmunzelnd aus dem Zimmer. ‚Was soll das noch werden mit uns‘, dachte er schmunzelnd, bevor er wenig später auf der Gästetoilette fünf gegen Willi spielte und zehn Minuten später erleichtert in das Zimmer seines Freundes zurückkehrte, der ihm mit leuchtenden Augen entgegen strahlte.

„Ich möchte morgen früh meinen ersten Wohnsitz hier anmelden, würdest du mich dann begleiten?“, fragte Markus leise während sie miteinander kuschelten.

„Sehr gerne und hinterher gehen wir ein bisschen in den Schlosspark“, schlug Laurin gähnend vor. Danach besiegelten sie die Sache noch mit einem Zungenkuss und schliefen zufrieden ein.

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